10. Vorlesung, 17. Oktober 2019

Zusammenfassung der 9. Vorlesung
Unabhängigkeit und Produktexperimente

Definition. Zufallsvariablen \(X_1,\dots,X_n\) heissen unabhängig falls die Ereignisse \(\{X_i=x_i\}\), \(i=1,\dots,n\), unabhängig sind für alle \(x_i\in \Omega_{X_i}\), \(i=1,\dots,n\).


Satz. Die ZV’n \(X_1,\dots,X_n\) sind genau dann unabhängig, wenn

\[ P(X_1\in A_1,\dots, X_n\in A_n) = P(X_1\in A_1) \dots P(X_n\in A_n) \]

für alle \(A_1,\dots,A_n \subset \mathbb R\).

Produktexperimente

Wir nehmen an, das \((\Omega_i,\mathcal A_i,P_i)\), \(i=1,\dots, n\), gewisse \(n\) zufällige Experimente modellieren, und wollen ein Modell für den Vorgang konstruieren, welches aus der “unabhängigen” Durchführung dieser Teilexperimente besteht.

Definition. (Produkt von diskreten W-Räumen) Seien \((\Omega_i,\mathcal A_i,P_i)\), \(i=1,\dots, n\), diskrete W-Räume (mit \(\mathcal A_i = \mathcal P(\Omega_i)\)). Das Produkt dieser Räume ist ein W-Raum \((\Omega,\mathcal A, P)\), wobei

  • \(\Omega = \Omega_1 \times \dots \Omega_n := \{(\omega_1,\dots,\omega_n): \omega_i\in \Omega_i, 1\le i\le n\}\) ist Produkt von den Mengen \(\Omega_1,\dots,\Omega_n\).

  • \(\mathcal A = \mathcal P(\Omega)\).

  • \(P = P_1 \otimes \dots \otimes P_n\) ist ein Produktmass definiert durch:

\[ P(A_1 \times \dots \times A_n) = P_1(A_1)\dots P_n(A_n), \qquad \text{für alle } A_1\in \mathcal A_1, \dots, A_n\in \mathcal A_n.\]

Produktmass

Man muss gewährleisten, dass das Produktmass wirklich ein W-Mass ist.

Satz. Die Formell für \(P\) auf der letzten Seite definiert ein W-Mass auf \((\Omega, \mathcal A)\).

Produktexperimente

Beispiel. (Wurf mit \(n\) unabhängigen, nicht identischen, unfairen Münzen)

Für \(i=1,\dots, n\) modellieren \(\Omega_i=\{0,1\}\) und \(P_i(\{1\}) = 1-P_i(\{0\}) = p_i\) einen Wurf mit einer Münze mit “Zahlw-keit” \(p_i\in [0,1]\).

Das Modell für den gesamten Vorgang ist dann \(\Omega = \{0,1\}^n\) mit

\[ P((\omega_1,\dots \omega_n))= \prod_{ i=1 }^{n} p_i^{\omega_i}(1-p_i)^{1-\omega_i}. \]

Im Fall, dass \(p_i=p\in[0,1]\) für alle \(i=1,\dots, n\), haben wir dann \[ P((\omega_1,\dots \omega_n))= p^{k(\omega)} (1-p)^{k(\omega)}, \] wobei \(k(\omega)\) die Anzahl von Indizes \(i\in \{1,\dots, n\}\) mit \(\omega_i=1\) ist.

Produktexperimente und Unabhängigkeit

Wir erklären jetzt der Zusammenhang von Produktexperimenten und Unabhängigkeit.

Satz. Seien \((\Omega,\mathcal A, P)\) der Produktraum und \(A_i\in \mathcal A_i\), \(i=1,\dots,n\), Ereignisse in den Teilräumen. Dann ist die Kollektion \(\{\omega= (\omega_1,\dots,\omega_n): \omega_i\in A_i)\}\) von Ereignissen in \(\mathcal A\) unabhängig.

Gemeinsame Verteilung von zwei ZV’n

Wir wollen jetzt diesen Zusammenhang in der anderen Richtung untersuchen. Dafür brauchen wir

Definition. Seien \(X,Y\) zwei Zufallsvariablen auf einem beliebigen (diskreten) W-Raum \((\Omega, \mathcal A, P)\). Die gemeinsame Verteilung von \(X,Y\) ist ein W-Mass \(P_{X,Y}\) auf \(\Omega_{X,Y} = \Omega_X \times \Omega_Y\subset \mathbb R^2\) definiert durch

\[ P_{X,Y}((x,y)) := P(X=x,Y=y) = P(\{\omega: X(\omega)=x, Y(\omega)=y\}) \]

für alle \(x\in \Omega_X\) und \(y\in \Omega_y\).

Gemeinsame Verteilung von zwei ZV’n

Beispiel. (Wurf mit zwei fairen Münzen)

Wir betrachten wie üblich die Zufallsvariablen \(X_1(\omega) = \omega_1\), \(X_2(\omega) = \omega_2\) und \(S=X_1+X_2\). Die gemeinsame Verteilung von \(X_1\) und \(S\) ist gegeben durch

\[ P_{X_1,S}((x,y)) = \begin{cases} \frac 14,\qquad&\text{falls } (x,y) \in \{(0,0),(0,1),(1,1),(1,2)\},\\ 0,&\text{falls }(x,y) \in \{(1,0),(0,2)\}. \end{cases} \]